Stellungnahme der Swiss Life lässt Verzicht auf spontane Anzeigepflicht offen

Swiss Life BU spontane Anzeigepflicht
© Borchardt

Auch die Swiss Life äußert sich nun zu der spontanen Anzeigepflicht. Die Stellungnahme, die wir heute von der Swiss Life erhalten haben, geben wir hier wieder.

Swiss Life zur spontanen Anzeigepflicht

"Gerne nehmen wir im Rahmen des uns Möglichen zu Ihrer Frage Stellung. „Im Rahmen des uns Möglichen“ deshalb, weil sich das Problem der spontanen Anzeigepflicht in unserer Leistungsprüfung nicht stellt. Wie Sie unserem umfangreichen Fragenkatalog im Antrag entnehmen können, werden sämtliche für uns für die Risikoprüfung erforderlichen Gesundheitsdaten bereits im Antrag erfasst – eine Lücke, die ggf. über eine spontane Anzeigepflichtverletzung zu füllen wäre, sehen wir nicht. Soweit wir in der Vergangenheit (vor 2008) verkürzte Gesundheitsfragen gestellt haben, waren auch diese so ausgestaltet, dass sich auch hier die Frage der spontanen Anzeigepflichtverletzung nicht gestellt hat.

 

Ungeachtet dessen ist uns die Thematik natürlich bekannt. Lassen Sie uns hierzu aus dem Münchener Kommentar zu § 22 VVG Folgendes zitieren:

 

a) Spontane Anzeigepflicht

 

Uneinigkeit besteht zu der Frage, ob das (neue) Textformerfordernis für Fragen gemäß § 19 Abs. 1 dazu führt, dass es die sog. spontane Anzeigepflicht nicht mehr gibt. Hierbei geht es um solche Gefahrumstände, nach denen der Versicherer nicht gefragt hat. Nach altem Recht kamen bei Arglist des Versicherungsnehmers Rücktritt und Anfechtung des Versicherers durchaus in Betracht. Nach der zu § 19 Abs. 1 gegebenen amtlichen Begründung soll dies auch weiter gelten: „Das Verschweigen eines gefahrerheblichen Umstandes, den der Versicherer nicht oder nur mündlich nachgefragt hat, kann bei Arglist des Versicherungsnehmers ein Anfechtungsrecht des Versicherers nach § 123 BGB begründen.“

 

Diese Auffassung der amtlichen Begründung entspreche nicht der Rechtslage, wird demgegenüber geltend gemacht, weil zur Offenbarung ungefragter Umstände keine Rechtspflicht bestehe, denn diese sei durch § 19 Abs. 1 auf in Textform gestellte Fragen des Versicherers beschränkt.

 

Demgegenüber wird bei ungefragten Umständen eine Offenbarungspflicht aus § 242 BGB abgeleitet, jedenfalls bei auf der Hand liegender oder evidenter Gefahrerheblichkeit, so dass diese Autoren bei arglistigem Verschweigen eine Anfechtung gemäß § 123 BGB grundsätzlich für möglich halten. Das überzeugt, weil § 19 Abs. 1 in keiner Hinsicht eine vorrangige Regelung ist. Denn für den Fall der arglistigen Täuschung schließt § 22 die Sperrwirkung des § 19 gerade aus, was konsequenterweise für alle etwaigen Einschränkungen zu gelten hat, mithin auch für die Stellung von Fragen, auch für die Textform. Die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers, die eine Haftung nach § 22 VVG, § 123 BGB eröffnet, ist eine selbstständige Pflicht, die sich aus den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts ergibt und neben diejenige aus § 19 tritt.

 

Die sich in diesen besonderen Einzelfällen konkretisierende Anzeigepflicht nach Treu und Glauben kann es daher trotz der gesetzlichen Fragepflicht des § 19 Abs. 1 weiter geben, was so auch in der amtlichen Begründung gemeint sein muss. Nur diese Auffassung wird der Rechtswirklichkeit gerecht, die es gerade im Sachversicherungsbereich ausschließt, wegen der zahllosen gefahrträchtigen Konstellationen einen abschließenden Fragenkatalog vorzulegen, auch bei individuell konzipierten Verträgen nach Vertragsverhandlungen. Eine Überbordung der Anfechtungsmöglichkeiten geht damit nicht einher. Denn der Nachweis von Arglist wird gerade in Fällen vorgelegter, aber unerkannt unvollständiger Fragebogen nur schwer zu führen sein.

 

Die kontrovers gesehene spontane Anzeigepflicht ist abzugrenzen von der grundsätzlichen Pflicht, nicht die Unwahrheit zu sagen. In jedem Fall können deshalb ungefragt gemachte falsche Angaben durchaus eine arglistige Täuschung begründen, auch konkludente Erklärungen zum Fehlen gefahrerheblicher Umstände (Rixecker: „Beredtes Schweigen“). (Langheid/Wandt/Müller-Frank VVG § 22 Rn. 5-8, beck-online)

 

Dieser Kommentar bejaht somit – wie das von Ihnen angesprochene Urteil des LG Heidelberg – eine spontane Anzeigepflicht. Diese Ansicht kann sich immerhin auch auf die Gesetzesbegründung des VVG neu berufen, die eine solche ebenfalls für möglich erklärt hat.

 

Das Zitat zeigt aber auch, dass eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sehr oft am Nachweis der Arglist scheitert, d.h. selbst dann, wenn man eine spontane Anzeigepflicht bejaht, ist immer noch die Hürde des arglistigen Handelns zu nehmen. In der Praxis dürfte sich die Problematik der spontanen Anzeigepflicht deshalb als gar nicht so groß darstellen, wie es vielleicht auf den ersten Blick erscheint.

 

Richtig ist jedoch – wie ja auch das o.g. Zitat zeigt -, dass die Frage der spontanen Anzeigepflicht umstritten ist. Die Frage, wie wir uns hierzu positionieren, hat sich bislang nicht gestellt, so dass wir hierzu uns bislang keine abschließende Meinung bilden mussten und Ihre Frage, ob wir auf diese verzichten, offen lassen möchten."

 

Update 15.11.2017:

 

Stellungnahmen liegen bis heute von diesen Versicherern vor:

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