Berufsgruppeneinordnung in der Berufsunfähigkeitsversicherung - Welche Berufsgruppe ist die richtige und wer entscheidet das eigentlich?

Berufsgruppe Berufsunfähigkeitsversicherung
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Die Beiträge in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung sind im Unterschied zu der gesetzlichen Sozialversicherung risikoadäquate Beiträge.

 

Das heißt, je höher das Risiko der Inanspruchnahme von Leistungen für die Versichertengemeinschaft ist, desto höher ist der Beitrag, der für die Absicherung dieses Risikos zu zahlen ist.

Zu den Risiken gehören das Lebensalter (Eintrittsalter), der Gesundheitszustand und eben auch der Beruf der zu versichernden Person.

 

Die Gesellschaften haben sogenannte Berufsrisikenkataloge. Diesen ist zu entnehmen welcher Berufsgruppe ein bestimmter Beruf zugeordnet wird. Die Bezeichnungen für diese Berufsgruppen können unterschiedlich sein. Häufige Bezeichnungen sind Ziffern (1,2, 3 usw.) mit einem "+", manchmal auch "++" für eine Besserstellung innhalb einer BG. Die Rangfolge ist dem deutschen Schulsystem ähnlich. 1++ wäre "die beste" BG, also die mit dem niedrigsten Beitrag.


Andere Gesellschaften verwenden Großbuchstaben ("A, B, C usw.) und wiederum auch das + mit derselben Bedeutung (A+, B+, C+ usw.).

BU Berufsgruppen HDI Versicherung
Beispiel: Berufsgruppen A, B und C der HDI-Gerling Lebensversicherung

Wer entscheidet über die Einordnung in eine Berufsgruppe?

Auch wenn es manchen geben mag, der es gerne anders hätte: die Entscheidung über die Einordnung in eine Berufsgruppe ist allein Sache des Versicherers.

Die Einordnung in eine Berufsgruppe (BG) ist Teil der Risikoprüfung bei Antragstellung (so wie auch die medizinische Risikoprüfung) und diese wird von der hierfür zuständigen Abteilung des Versicherers vorgenommen. Keinesfalls darf der Vermittler eigenmächtig in eine BG einordnen, weil es eben besser passt und das Angebot für den Kunden so günstiger wird.

Ein Beispiel aus der Praxis

Mit einem solchen Fall der eigenmächtigen und auch noch völlig falschen Berufsgruppeneinordnung waren wir in der Kundenberatung kürzlich befasst.

 

Unser Kunde gab als Beruf "nautischer (Schiffs-) Offizier (auf große Fahrt)" an. Zu unserer Verwunderung ergab sich zwischen dem Tarifvorschlag, den wir dem Kunden übermittelten und einem Vorschlag derselben Versicherungsgesellschaft, die der Kunde zuvor von einem anderen Berater erhalten hatte, eine erhebliche Abweichung im Beitrag. Der von uns ermittelte Beitrag war erheblich höher. Da uns der Vorschlag des anderen Beraters nicht vorlag, dauerte es eine Weile, bis wir darauf kamen, was der Grund für diese Abweichung war: Die Berufsgruppe! Man hatte den Kunden einfach, statt in die BG 2+ für den nautischen Schiffsoffizier zwei BG besser als Dipl. Ing. eingeordnet. Das ist aber lediglich die Ausbildung des Kunden, er hat Dipl. Wirtschaftsing. für Seeverkehr studiert. Sein derzeit ausgeübter Beruf aber ist der "nautische Schiffsoffizier". So steht es im Arbeitsvertrag und nach Angaben des Kunden übt er diesen Beruf aktuell aus. Hinzu kam, dass der nautische Offizier eine Endalterbegrenzung (maximale Versicherungsdauer) bis zum 65. Lebensjahr hat. Der Dipl. Ing. hat diese Begrenzung nicht.

 

Für uns war der Kunde somit nur bis zum 65. Lebensjahr versicherbar, der andere Berater konnte dem Kunden einen Vertrag bis 67. anbieten.

Welche Folgen können falsche Angaben zum Beruf haben?

Im Zusammenhang mit der vorvertraglichen Anzeigepflicht denkt man zunächst nur an die Gesundheitsangaben. Aber auch falsche Angaben zum Beruf können unangenehme Folgen haben. Es kann eine arglistige Täuschung vorliegen.

 

In einem sehr eindeutigen Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte, gab ein JVA-Insasse im Antrag beim ausgeübten Beruf „Hausmann“ an (OLG Hamm Urteil vom 01.12.2006, Az. 20 U 138/06 6).

Das OLG Hamm entschied auf arglistige Täuschung. Denn mit der falschen

Berufsangabe wurde auf die Entscheidung des Versicherers eingewirkt. Der Antrag wäre bei richtiger Angabe des "Berufs" natürlich abgelehnt worden.

 

Auch bei weniger eindeutigen Fällen, können Ungenauigkeiten bei den Angaben zum Beruf zu Schwierigkeiten führen. Deshalb, wenn die BG nicht eindeutig anhand des Berufsrisikenkataloges zu ermitteln ist, sollte auf keinen Fall einfach ein anderer Beruf genommen werden, der so ähnlich ist und deshalb irgendwie passend erscheint.

Schriftliche Tätigkeitsbeschreibung entlastet den Kunden vom Risiko einer falschen Einordnung

Die Gesellschaften haben Formulare, in denen detaillierte Angaben zum Beruf und zu der Ausbildung abgefragt werden (Tätigkeitsbeschreibung). Bei unklaren Berufsbildern und immer dann, wenn eine Einordnung in eine BG nicht eindeutig ist, sollten Sie ein solches Formular über Ihren Berater bei der Gesellschaft im Rahmen der Risikovoranfrage und auch später als Anlage zum Antrag einreichen. Der Versicherer teilt dann die Berufsgruppe mit.

 

Auch Juristen empfehlen, eine Tätigkeitsbeschreibung einzureichen. Gerold Stoll, Fachanwalt für Versicherungsrecht, schreibt auf der Internetseite seiner Kanzlei:

"Es ist ratsam, nicht einfach nur einen Berufstyp aus der meist von den Versicherungsunternehmen vorgelegten Berufsliste auszuwählen, sondern eine detaillierte Beschreibung seiner Tätigkeit zu erstellen […] Wird hierbei eine unzutreffende Angabe gemacht, so kann dies den Versicherer ggf. berechtigen, wegen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vom Vertrag zurück zu treten." (kanzlei-gerold-stoll.de)

 

Beitrag sparen durch bessere Berufsgruppeneinordnung

Dem Versicherer genauere Angaben zur aktuellen Tätigkeit mitzuteilen, kann auch noch einen anderen Vorteil haben. Oft passt nämlich der Beruf im Berufskatalog des Versicherers nicht richtig zu dem tatsächlichen Berufsbild der zu versichernden Person. Der Versicherer hat möglicherweise eine ganz andere Vorstellung z.B. vom Anteil der körperlichen Tätigkeit eines bestimmten Berufes. Wählt man nun einfach nur aus dem Berufskatalog des Versicherers aus, kann es sein, dass man in einer zu schlechten Berufsgruppe landet. Oft haben wir schon für unsere Kunden bessere Berufsgruppeneinstufungen mit den Versicherern aushandeln können. In diesen Fällen haben wir für unsere Kunden immer eine konkrete und detaillierte Beschreibung der aktuell ausgeübten Tätigkeit beim Versicherer eingereicht.

Formular Tätigkeitsbeschreibung

Für uns als Berater ist es wichtig, dass uns in der Beratung möglichst genaue Angaben zum Beruf und zur Ausbildung vorliegen. Wir verwenden deshalb ein eigenes Formular Tätigkeitsbeschreibung (Download PDF)  für die Beratung. Mit den Angaben kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, weil das Berufsbild nicht eindeutig zu den beim Versicherer hinterlegten Berufen passt oder sich der Beruf im Berufsrisikenkatalog nicht finden lässt, geben wir die Angaben (mit Ihrem Einverständnis) an den Versicherer mit der Bitte um Einordnung in eine BG weiter.

Weitere Informationen zu der BU-Versicherung

Rechtsanwalt erklärt: Wie arbeitet ein Versicherungsmakler?

BU Voranfragen

Risikovoranfrage Berufsunfähigkeitsversicherung
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